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Begrüßung zum Spargelessen

Es gilt das gesprochene Wort.

(27.04.2006) Anrede,

es ist toll, dass Sie dieses Jahr wieder so zahlreich zu unserem Spargel-Abend in unser Haus gekommen sind. Vergangenes Jahr lag dieser Abend gerade eine Woche nach meinem Amtsantritt. In diesem vergangenen Jahr habe ich auch unter anderem die Worte des polnischen Autoren und Journalisten, Aleksander Swietochowski, verstehen gelernt: „Verstand ist wie Spargel; zu groß gewachsen, taugt er nichts.“ Deshalb möchte ich Sie, verehrte Damen und Herren, dieses Mal, beim 22. Spargelabend auch nicht mit Sachverstand über Spargel überschütten. Ich möchte nicht bei Adam und Eva anfangen – auch wenn es interessant sein könnte, warum der Apfel und nicht Spargel als Symbol der Verlockung diente.

Ich habe heute lange überlegt, mit welchen Themen ich Ihnen heute Abend die Lust auf Spargel steigern kann. Ich war heute in Mitte. Da sah ich zum Berliner Fernsehturm hinauf und erinnerte mich seiner Entstehung. Diesen Turm hatte sich die DDR einiges kosten lassen: Mit 200 Millionen DDR-Mark wurde er rund sechs Mal so teuer wie geplant. Er war ein unglaublicher Devisenschlucker: Die Thermofenster mussten in Belgien bestellt werden, Fahrstühle und Klimaanlage in Schweden. Die Bundesrepublik lieferte neben der Kugelhaut auch Scheinwerfer. Trotzdem sollte der Turm ein Symbol für die Leistungsstärke des Sozialismus sein.

Aber sie wissen es sicherlich alle: Ein seltsamer Lichtreflex auf der Edelstahlhaut der nagelneuen Turmkugel zeigt bei bestimmter Sonneneinstrahlung weithin sichtbar ein Kreuz. Das sei die Rache Gottes, scherzten Ostberliner damals in Anspielung auf die atheistischen DDR-Machthaber. Die SED war über das Lichtspiel so verärgert, dass sie sogar einen Abriss des Turms erwogen habe, schreibt Peter Müller in seinem Fernsehturm-Buch „Symbol mit Aussicht“. Viele Berliner nennen den Fernsehturm auch „Sankt Walter“, als Spott auf Ulbricht. Aber ein anderer Spitzname, und das ist mir alles so durch den Kopf gegangen - eben ein anderer Name für den Fernsehturm ist der Tele-Spargel. Weil er damals so schnell aus dem Boden geschossen ist. Tele-Spargel, das passt doch toll zum heutigen Abend, an dem wir auch viele Vertreter der Fernsehredaktionen hier haben.

Ja und dann wird dieser Telespargel gerade auch noch als Fußball verkleidet. Mit der Margentafarbe vielleicht nicht so geglückt, oder haben Sie schon mal rosa WM-Ball gesehen?

Auf jeden Fall: Als ich den Telespargel mit aufgespießtem Fußball sah, wusste ich, wie ich ihnen heute Abend richtig Appetit auf Spargel machen kann: mit Fußball. Spargel und Fußball – eine herrliche Kombination.

Spargel soll ein Aphrodisiakum sein. Und damit sind wir schon voll drin. Spargel ist Leidenschaft, Fußball bedeutet Leidenschaft.

Spargel steht auf den Speiseplänen der WM-Teilnehmer, die in Baden-Württemberg Quartier bezogen haben, damit sie mehr Leidenschaft entwickeln. Warum – das ist ganz klar: Spargel macht schlank und schön und soll die Kraft stärken.

Mittelalterliche Kräuterbuchschreiber wie Matthiolus lobten ihn: "Spargel in die speis gethan, bringt den Männern lustige begird". Und damit ist ganz klar die Begierde, der Drang auf das gegnerische Tor zu verstehen. Nichts anderes. Deshalb wird Spargel in der Spielvorbereitung auch verköstigt.


Spargel essen ist sportlich. Die darin enthaltenen Stoffe wirken harntreibend – deshalb dauert eine Halbzeit 45 Minuten, damit man rechtzeitig auf Toilette kann.

Außerdem rennt man dann auch schneller.

Spargel hilft auch bei der Therapie von Übergewichtigen. Deshalb sind fast alle Fußballer heutzutage schlank und nicht mehr so stämmig wie Gerd Müller.

Spargel und Fußball – bei Witzen spielt diese Verbindung auch eine Rolle. Sie kennen sicherlich schon den: Oliver Kahn hat bei Jürgen Klinsmann wieder eine Aussprache mit Jens Lehmann. "Wie kannst du bei allen Journalisten herumerzählen", schnaubt Kahn, "ich hätte eine große Klappe?" - "Das habe ich nie behauptet," entgegnet Jens Lehmann. "Ich habe ihnen nur gesagt, dass du Spargel quer essen kannst!"

Von je her gilt der Spargel als Heilmittel. Hippokrates sagte das schon um 400 vor Christus. Daher hilft der Spargel auch nach dem Fußball-Spiel. Nicht unbedingt nach einem schweren Foul. Aber wenn nach dem Spiel die Füße schlapp sind: Wie wäre es mit einem Spargel-Fußbad? In China gab es zur Begrüßung für besondere Gäste ein Spargelfußbad.

Sie, meine Damen und Herren, sind zwar auch besondere Gäste. Aber von einem Spargelfußbad sehen wir heute ab. Bei uns kommt der Spargel auf den Tisch.

Aber leider nicht allzu lange: Das Ende der Spargelsaison beschreibt die Bauernregel: "Kirschen rot, Spargel tot." Das offizielle Ende der Spargelsaison ist der 24. Juni, der Johannistag. Bis dahin sind neben der Spargelernte auch alle Vorrundenspiele der Weltmeisterschaft abgeschlossen. Das heißt: Die Vorrunde müsste die deutsche Mannschaft dank Spargel gewiss überstehen.

Aber wenn ich an das Spiel gegen Italien denke. Da wurde ich bleich wie Spargel. Wie auch immer, meine verehrten Damen in unserer Runde, werden wir sehen, ob die Mannen von Jürgen Klinsmann und Jogi Löw es der Damennationalmannschaft gleichtun werden und den Weltmeistertitel holen.

Wenn nicht, ist es mit der Herrschaft von König Fußball über Deutschland schnell vorbei. Und auch da ist wieder eine Analogie zum Spargel. Beide sind Könige. „Der Spargel ist wahrscheinlich der König aller Gemüse; bedauerlich nur, dass seine Herrschaft so kurz währt“, soll Goethe einst gesagt haben.

Aber welchem Königreich wird denn in Baden-Württemberg mehr Fläche zuerkannt? Was glauben Sie: Gibt es mehr Fußballplätze oder mehr Spargelfelder?

Tatsächlich, und da muss ich Sie enttäuschen, Herr XXXXXX von der Obst- und Gemüse-Absatzgenossenschaft Nordbaden. Diesen Vergleich gewinnt König Fußball. Es gibt in Baden-Württemberg insgesamt 2012 Hektar Spargelfelder, aber dreimal soviel, nämlich mehr als 6.000 Hektar grünen Fußballrasen.

Bei all seiner Leistungsförderung stellt sich aber die Frage: Warum steht Spargel nicht auf der Dopingliste? Wie er das wohl gedeichselt hat, das wird ihnen später noch Herr XXXXX beantworten können.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, Sie ein wenig amüsiert zu haben. Der heutige Abend geht noch viel lustiger, aber auch vielmals leckerer weiter. Fühlen Sie sich wohl und genießen Sie die Delikatessen, die Ihnen heute Abend in dieser angenehmen Runde kredenzt werden.

Und vergessen Sie auch nicht, was Volkswirtschaftler Arno Sölter gesagt hat: [ZITAT]Ein Arbeitsessen bietet den Vorteil, dass man unangenehme Fragen mit lang anhaltendem Kauen beantworten kann. [ENDE ZITAT]

Guten Appetit."

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