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Früh übt sich...
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TelenotarztLeben retten mit StreamMenschen ringen um ihr Leben und Sanitäter bauen zur Behandlung eine Datenverbindung auf: Was irritiert, ist in einigen Regionen schon üblich. Und Patienten sollen profitieren.(09.10.2024) „Hol Dir dazu eine Zweitmeinung!“ heißt es aus dem Umfeld des Leidenden oft, wenn der Zahnarzt Weisheitszähne ziehen will oder der Chirurg lieber die neue moderne statt einer altbewährten Art der Hüft-Operation vorzieht. Doch solche Eingriffe sind planbar. In Notlagen wie Schlaganfall oder Unfallverletzungen, die schnelles Entscheiden und Handeln erfordern, sind Patienten auf die Entscheidung des alleinigen Notarztes angewiesen, der am Ort ihrer misslichen Lage eintrifft. Doch das ändert sich in immer mehr Städten und Kommunen: Telenotärzte sind immer öfter im Einsatz. Sie sind Mediziner, die in Krankenhäusern vor Bildschirmen sitzen und bei Rettungseinsätzen dazugeschaltet werden, um speziell für das System ausgebildete Rettungssanitäter am Einsatzort zu unterstützen oder dem Notarzt eine ärztliche Zweitmeinung zu ermöglichen. Der gesamte medizinische Datenaustausch läuft über das Mobilfunknetz. Über das EKG-Gerät im Rettungswagen werden dem Telenotarzt die sogenannten Vitaldaten des Patienten übermittelt, der Blutdruck zum Beispiel. Videoaufnahmen helfen, die medizinische Lage zu bewerten. Auf dieser Grundlage entscheidet der Telenotarzt, welche Medikamente gegeben werden müssen, was am besten zu tun ist. Wie das konkret abläuft und welche Vorteile es haben kann, zeigt ein Fall, den ein Team der Uniklinik RWTH Aachen um Andreas Follmann auswertete: Einen Mann ereilten im ländlichen Raum fernab eines dichten Versorgungsnetzes Herzrasen, begleitet von plötzlich aufgetretenem, starkem Schwindel und Übelkeit. Die Notärztin verabreicht ein Medikament zur Senkung zur Schlagfolge des Herzens. Doch das Mittel schlägt nicht an, gleichzeitig offenbart sich: Die nächste Fachklinik ist erst in 40 Minuten zu erreichen. Die Notärztin ruft den Telenotarzt zu Hilfe. Der erkennt anhand des übertragenen Echtzeit-EKG und der Schilderungen der Notärztin, dass es sich bei dem vorliegenden Fall um einen lebensbedrohlichen Zustand handelt, dass das von der Notärztin verabreichte Mittel aber in diesem Fall den Zustand des Patienten sogar noch verschlechtert. Der angedachte Transport: zu lang! Ein Kreislaufstillstand wäre hochwahrscheinlich die Folge. So weist der Telenotarzt die Notärztin am Einsatzort an, wie sie stattdessen zu handeln habe – immer die Vitaldaten aus dem speziell ausgerüsteten Rettungswagen im Bick. „Dadurch, dass die Kollegin vor Ort sich eine Zweitmeinung einholen und den Telenotarzt konsultieren konnte, wurde der Patient zielgerichtet einer Therapie zugeführt, die ihm letztendlich das Leben retten konnte“, heißt es in dem Fallbericht. „Dies war im Beschriebenen nur durch den gemeinsamen Einsatz der Notärztin vor Ort und des Telenotarztes aus der Ferne möglich.“ Erfahrungen wie diese führten dazu, dass immer mehr Bundesländer Telenotarzt-Projekte auflegten. Der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling, SPD, hat das Ziel vor Augen, bis Mitte nächsten Jahres für jeden Rettungswagen in Rheinland-Pfalz rund um die Uhr einen Telenotarzt bereitzustellen. „Damit wird Rheinland-Pfalz eines der ersten Flächen-Bundesländer mit einer landesweiten Verfügbarkeit eines solchen Systems sein.“ Doch passt der Aufbau einer Doppelstruktur zur Notfallversorgung – zwei Ärzte für einen Patienten gleichzeitig – damit zusammen, Kosten im Gesundheitssystem zu senken? Telenotärzte werden bei mutmaßlich mittelschweren Fällen eingesetzt, beispielsweise bei zu hohem Blutdruck von Patienten oder wenn die Gabe von Schmerzmedikamenten nötig wird. Dann bedarf es immer der Verordnung durch einen Arzt, der entweder am Einsatzort ist – oder eben zugeschaltet. Entpuppt sich der Einsatz als schwerwiegender, kann ein Notarzt auch immer noch nachgefordert werden. Die Zweit-Meinung via Mobilfunk aber könne manchem Patienten vermeidbare Transporte in Krankenhäuser ersparen und so gleichzeitig die Notaufnahmen entlasten, sagen Befürworter des Telenotarztsystems. Tatsächlich verbringt der rare Notfall-Arzt weniger nutzlose aber kostenverursachende Zeit im Einsatzfahrzeug und an einem einzigen Einsatzort. Stattdessen profitieren mehrere Patienten gleichzeitig. Telenotärztin Despina Panagiotidis schildert im Deutschen Ärzteblatt: „Ich bin pro Schicht bei rund drei bis 15 Einsätzen beteiligt, oft an mehreren gleichzeitig. Ich habe bisher bis zu fünf Einsätze parallel begleitet, da muss man sich sehr konzentrieren und je nach Dringlichkeit priorisieren.“ Trotzdem: Ruth Hecker, Vorsitzende Aktionsbündnis Patientensicherheit, begrüßt grundsätzlich die Initiative zur Einführung von Telenotärzten, sofern nachweisbar sei, dass qualifiziertes Personal für die Bedienung und Unterstützung der Telenotärzte bereitsteht: „Ein herausragendes Beispiel für die erfolgreiche Implementierung dieses Konzepts ist die Uniklinik Aachen. Sie hat bereits bewiesen, dass mit entsprechender technischer und personeller Ausstattung der Einsatz von Telenotärzten ein wertvoller Beitrag zur Verbesserung der Patientenversorgung leisten kann.“ Ähnlich auch die Erfahrung von Johannes Becker. Seit einem guten Jahr ist er einer der Telenotärzte an der BG Klinik Ludwigshafen: „Es hat sich gezeigt, dass Einsätze mit dem Telenotarzt sicher durchführbar sind. Wir hatten keinen einzigen Fall, bei dem es zu Komplikationen aufgrund des Telenotarzt-Einsatzes kam.“ Er habe bei allen Beteiligten bisher eine gute Akzeptanz wahrgenommen und die Zahl der Einsätze von Notärzten seien genauso wie unnötige Einweisungen ins Krankenhaus verringert worden. „Diese hier eingesparten Ressourcen stehen wiederum für dringendere oder schwerere Fälle zur Verfügung“, sagt Becker. „Es gibt viele Flächenländer, in denen der Notarzt aufgrund der Distanzen häufig zehn oder 15 Minuten benötigt, bis er am Einsatzort eintrifft. Je nach Auslastung des Rettungsdienstes, kann das jedoch auch länger dauern. Das ist ein Sicherheitsfaktor für die Menschen, insbesondere im ländlichen Raum“, erklärt Ilias Essaida. Er ist Referent für Gesundheitspolitik beim Sozialverband VdK. Er profitiert bei dieser Einschätzung aber auch von einem anderen Blickwinkel: Als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr hat er schon selbst oft mitbekommen, wie der Telenotarzt Rettungs-Teams helfen kann. „Es kommt immer wieder vor, dass der Telenotarzt kontaktiert wird, um abzuschätzen, ob Patienten an den Hausarzt weitergeleitet oder gar einem Krankenhaus zugeführt werden. Oder: Der Zustand des Patienten ist nicht lebensbedrohlich, aber akut, und die Besatzung des Rettungswagens erwägt, den Patienten ins Krankenhaus zu bringen. Was meint der Telenotarzt dazu? Und welche Abteilung ist am sinnvollsten?“ Alles das könne durch den Telenotarzt hervorragend geklärt werden, schildert Essaida. Sein Fazit: „Die Menschen erhalten dadurch schneller eine fachliche Einschätzung und die Notfallsanitäterinnen und -sanitäter können sich in unklaren oder komplexen Situationen noch einmal absichern, ohne dass viel Zeit vergeht, bis ein Notarzt direkt an der Einsatzstelle eintrifft.“ Auch die Bundesärztekammer findet Telenotärzte im Grundsatz gut. „Vollkommen inakzeptabel“ sei allerdings, allein akademisierte Notfallsanitäter ohne Notarzt in die Einsätze zu schicken: „Für Patientinnen und Patienten würde ein solcher Schritt einen Verlust an Versorgungsqualität und letztlich eine Leistungskürzung bedeuten“, heißt es in einer Stellungnahme zur Reform der Notfallversorgung, die heute Thema im Bundestag ist. In Zeiten, in denen Fachkräftemangel auch vor den Schichtlisten der Notärzte nicht halt macht, liegt schnell der Gedanke nahe: Warum überhaupt noch Notärzte aus dem Krankenhaus rauslassen, wenn speziell ausgebildete Notfallsanitäter jederzeit einen Telenotarzt anrufen können? Kliniken mit Telenotarzt und die Politik werden nicht müde, zu betonen: Der Telenotarzt solle nur ergänzen, nicht ersetzen. Vielleicht ist es ein bisschen wie beim Fußball: Da hat der Video-Schirie, der „VAR“, auch nicht seinen Kollegen auf dem Platz ersetzt. Noch nicht. |
Im Magazin: 70 Jahre Deutscher Gewerkschaftsbund Auf dem Trittbrett Der Deutsche Gewerkschaftsbund wird 70 und feiert das mit einem Festakt in Berlin. Die Freude trübt, dass nicht mal jeder fünfte Arbeitnehmer Gewerkschaftsmitglied ist. Die Gründe dafür sind vielfältig. Gesichtserkennung am Bahnhof Tag der Pressefreiheit
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