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Alltagskatastrophen und Entwicklung vom Hasen zum Löwen

(02.10.2000) jaso.So prall gefüllt war das Programm des Kulturhauses Osterfeld gestern zum "Litera-turhaus" im Rahmen der Baden-WÜrttemberg-ischen Literaturtage, dass die zahlreichen Besucher in Stress gerieten, wollten sie an allen Lesungen und Workshops teilhaben.

Los ging's mit Harald Hurst und seiner Lesung "S'isch überall ebbes". Auf charmante und spritzige Art schilderte Hurst in karlsruherischer Mundart Alltagsbegebenheiten: "Es sind weitergedachte Katastrophen und Auswüchse des Alltags, deren Heiterkeit schon von meinem Dialekt her naturbedingt ist". Damit erntete der seit 15 Jahren hauptberuflich als Autor tätige Hurst große Begeisterung. "Das Publikum war toll, obwohl man ja sonntags um elf Uhr meist noch nicht so fit ist". Hurst selbst besuchte auch Lesungen anderer Autoren und lobte an der gesamten Veranstaltung: "Es ist eine tolle Sache, da die Autoren sehr gut mit dem Publikum in Konatkt kommen. Auch die Beschränkung auf 30 Minuten pro Lesung ist gut, weil danach die Konzentration fällt".

30 Minuten blieben auch nur Sigrid Burgers "Texte ohne Zuckerguss". An Mumm habe es ihr gefehlt, deshalb ließ sie ihre Texte vorlesen - und das, obwohl gerade ihre Bücher wie "Knallfrösche" und "Mit tiefen Augen" über zwischenmenschliche Beziehungen vor Ermutigung und Selbstbewusstsein strotzen. "Ich möchte den Leser schon ermutigen. Aber wenn ich schreibe, ermutige ich erstmal mich selbst", schilderte die Mutter von acht Pflegekindern und bejahte, dass man mit der Rezeption ihrer Texte an ihrem eigenen Entwicklungsprozess teilhabe. "Ich wurde zu gut erzogen. Das muss ich mir erst abdressieren. Dann werde ich vielleicht vom Hasen zum Löwen", plant die überraschend junggebliebene, 60-jährige Pforzheimerin.

Neben Lesungen bot jeder Raum andere Angebote aus diversen Epochen der Literaturgeschichte. Der Kalligrafie wandte sich Hubert Graf zu. "Das faszinierende daran ist die Begegnung mit der Form der Buchstaben und das Spiel mit ihren Farben". Jede Schrift habe ihre eigenen Formmerkmale und verändere sich mit den kulturellen Umständen ihrer Zeit, schwärmte der Grund- und Hauptschullehrer von seinem Hobby mit Bandzug-, Spitz- und Ziehfedern und Holz-, Schilf- und Bambusstenzeln. "Die Ausernandersetzung mit Formen ist aufregend und

Arbeit - nicht so wie Seidenmalerei in der Volkshochschule."

Den letzten Stand der Buch-Illustration führte Sabine Reister mit einem Computerprogramm vor. Pinselstriche zog sie mit einem farblosen Plastikstift über eine graue Platte und ihr rotes Strichmännchen erschien auf dem Bildschirm. Mäuse, Katzen und Pferde hingegen traditionell aus Aquarellfarben und Tinte kreiert Ursula Weller, ausgebildete Schmuckdesignerin und als Webdesignerin hauptberuflich tätig. Hinter ihr: mehrere, von ihr ohne Computer illustrierte Bücher: "Die meisten Verlage verlangen immer noch das handgemalte Orginal. Das wird hoffentlich so bleiben."

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