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Letzte Aktualisierung: 18.4.2024

• Cyberbunker: Bunker, Beweise und Behörden

Sendedatum: 31.10.2019 • Format, Länge: Rep 3:50 • Sender: ARD

Mit der Unterwelt kennen sie sich gewissermaßen aus in Traben-Trarbach: Unter dem Moselstädtchen liegt ein Labyrinth aus Weinkellern, zur Jahrhundertwende ein Handelsplatz von Wein für alle Welt, tief in der Erde, eine Touristenattraktion.

Nun könnte es eine neue geben, sehenswert für Freunde von Kriminalgeschichten: Ein fünf Stockwerke tiefer Bunker beherbergte Ermittlern zufolge auch einen Handelsplatz, allerdings für die Unterwelt in aller Welt: Waffen, Drogen, Kinderpornografie. Vor einem Monat hoben 650 Einsatzkräfte den Bunker aus, mit dabei die GSG9. Seitdem haben Beamte des LKA Rheinland-Pfalz die Server dieses Handelsplatzes katalogisiert. Jetzt sind sie damit fertig und sich sicher: Kein einziger der tausenden Kunden hatte eine legale Absicht.

Beschaulich ist ein ganz passendes Attribut für Traben-Trarbach: Die Stadt an der Mosel ist nicht nur beliebtes Ziel für Tagesausflüge. Manche Briten und Niederländer lassen sich hier dauerhaft nieder. Das internationale 6000-Einwohner-Städtchen ist zu groß, als dass jeder jeden kennt, aber auch zu beschaulich, als dass es ständig im Blick der Ermittler wäre, wie Ermittler selbst sagen.

Das schätzten offensichtlich auch Vertreter internationaler organisierter Kriminalität wie George M., Irlands verlorener Pate. Jahrelang war er untergetaucht. Die Journalistin Nicola Tallant spürte ihn vor vier Jahren auf und stellte ihn. In der Fußgängerzone.

O-TON Nicola Tallant, Journalistin Sunday World: „M. ist wohl der am längsten am Leben gebliebene und der größte Vertreter der organisierten Kriminalität in Irland. Er ist jetzt 70, ein reifes Alter für sein Leben in der Unterwelt. Er hat Beziehungen überallhin. Und ich habe absolut keinen Zweifel, dass er auch mit Sicherheitsdiensten zusammenarbeitete. Ohne die überlebt keiner so lange in der Unterwelt.“

M. ist mittlerweile wieder untergetaucht. Seine damalige Begleitung aber, der Niederländer Herman X., sitzt nun in Untersuchungshaft. Er kaufte 2013 dem Bund Mittels einer Stiftung diese Bunkeranlage ab.

Bürgermeister Patrice Langer arbeitete einst in dem Bunker, als er noch von der Bundeswehr betrieben wurde.

O-TON Patrice Langer, Bürgermeister Traben-Trarbach: „Dieser Bunker ist hochsicherheitsträchtig letztendlich, er ist rundrum mit Kupfer ausgekleidet, er ist abhörsicher, Sie haben Zugangskontrollen. Also es kommt Ihnen nicht Hinz und Kunz da nicht rein. Wenn Sie das nicht wollen, ist das Ding auch wirklich autark.“

Dazu noch eine Top-Internetanbindung! Und: Der Bunker liegt auf dem Mont Royal! Sehr passend, denn schon in einem gescheiterten Projekt nannte sich X den König der Republik Cyberbunker. Das war in den Niederlanden. Hierzulande errichtete er nun im fünf Stockwerke tiefen Bunkerbau einen Online-Handelsplatz für die Unterwelt in aller Welt: Waffen, Drogen, Kinderpornografie. Alles lief über 280 Server, auf jedem bis zu 200 Kunden.

Vor gut einem Monat wurde der Bunker ausgehoben: 650 Einsatzkräfte, 13 Festnahmen, sieben Beschuldigte sind noch in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Bildung einer kriminellen Vereinigung und Beihilfe zu Straftaten.

Ließe sich das ahnen? Die Beamten im LKA Rheinland-Pfalz äußerten schon beim Verkauf 2013 Bedenken und meldeten sie dem Verkäufer, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.

O-TON Johannes Kunz, Präsident des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz: „In diesem Vermerk wurden auch geschildert die Verbindungen dieser Personen zu Firmen und Aktivitäten dieser Firmen im Bereich Cybercrime und Urheberrechtsverletzungen. Allerdings zurückliegende Straftaten.“

Die Bundesanstalt verkaufte den atomsicheren Bunker trotz des Vermerks.

GRAFIK Stellungnahme Bundesanstalt für Immobilienaufgaben: „Der Ausschluss eines Bewerbers auf Grundlage vager Verdachtsmomente konnte danach nicht in Betracht kommen.“, erwidert die Anstalt nur schriftlich. Der Verkauf damals ist für den, der jetzt die Ermittlungen zu einer Anklage führen soll, höchst fragwürdig.

O-TON Jürgen Brauer, Generalstaatsanwalt Koblenz: „Wenn da Reichsbürger sich ansiedeln oder was auch immer, eine Rockergruppierung.Es ist ja eine Liegenschaft, die dermaßen hermetisch abgeriegelt werden kann, die ja nur sehr, sehr schwer ist, da rein zu kommen. Da muss man sich genauer Gedanken machen, mit wem man so einen Vertrag abschließt und ob man es überhaupt in private Hände geben kann.“

Nun sammeln 20 Ermittler seit Wochen Beweise im Bunker. Für Waffen, Drogen, Kinderpornografie. Viele Kundennamen habe man schon. Der Bunker im Mont Royal, sagt ein Ermittler, sei für sie eine wahre Goldgrube.



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• Schweiz: Wohnkurs für Flüchtlinge

Sendedatum: 23.02.2016 • Format, Länge: Rep 5:35 • Sender: NDR

"Mit einem feinen Tuch, nicht mit einem groben Schwamm!" - Die Herren Tekle Kifle und Mengistab Dawit aus Eritrea machen große Augen, als ihnen Kursleiterin Ester Zingrich Putzanleitungen für ein Ceran-Kochfeld gibt. Nachtruhe, Kehrwoche, Energiesparen: lauter penible Regeln. Die Flüchtlingshilfe der Heilsarmee bietet Migranten Nachhilfe zum Thema "Wohnen in der Schweiz". So sollen sie mehr Chancen am Wohnungsmarkt haben.Viel Aufwand für die Sozialwerke. Aber das sei eben Integrationsarbeit.

OFF Esther Zingrich, Kursleiterin: „Wie können Sie das putzen, wenn es schmutzig ist dort?“ – „Ich habe Putzmaterial.“ –„Und welches Putzmaterial? Putzen Sie mit einem Lappen oder mit einem Schwamm?“ – „Ich habe, ich habe.“ – „Sie haben einen Schwamm. Das ist gut, aber wenn er zu grob ist, wäre das nicht gut für den Glaskeramik-Herd. Mit wie viel Grad waschen Sie ihre Kleider? Wie lange öffnen Sie das Fenster? Wir sind jetzt gerade beim Kippschalter.“

Die Weiten westlicher Wohnkultur: Putzen, Lüften, dem Schlummermodus elektrischer Geräte ein Schnippchen schlagen – dank Kippschalter.

ATMO „Wenn wir hier ausschalten, verbrauchen wir keinen Strom.“

Wohnkurs der Heilsarmee Bern. Alles hier soll Flüchtlingen das richtige Wohnen beibringen.

ATMO „Glaskeramik, das ist Glas hier auf dem Herd.“

Ein Integrationskurs für die Schweizer Wohnung, sozusagen.

Doch die an sich ist erst mal schwer zu finden: Deshalb hat der Kanton die Heilsarmee damit beauftragt. Sie untervermietet Wohnungen. Doch die sind rar und teuer, das Geld vom Staat wenig. Immer wieder der Blick auf die Miet-Pauschalentabelle: Ist die Wohnung bezahlbar? Wenn Wohnungen so knapp sind, wie wichtig sind dann Wohnkurse?

O-TON Fabienne Notter, Heilsarmee-Flüchtlingshilfe Burgdorf: „Sehr wichtig. Weil wenn ich jetzt anrufe und sage, wer wir sind und dass wir Interesse hätten, die Wohnung zu mieten, dann kann ich mit dem natürlich auch argumentieren, kann ich sagen: Wir begleiten und betreuen unsere Flüchtlinge, wir zeigen ihnen, wie man die Wohnungen pflegt, wir machen Wohnungskontrollen, wir schicken sie in den Wohnkurs. Und das überzeugt dann doch ab und zu die Verwaltungen, uns die Wohnungen zu geben.“

Natürlich eröffnen die Wohnkurse manchen Flüchtlingen eine völlig neue Sicht auf Nachtschaltungen von Heizungen, Schimmelvermeiden durch Lüften und Müll, der getrennt werden muss. Bei Flüchtlingen aus der Mittelschicht ihres Heimatlandes etwa ist er oft fast überflüssig. Und doch bringe er allen Teilnehmern etwas, findet Tachele Kifle aus Eritrea. Wie wichtig Stromsparen ist, wäre ihm vorher nicht so bewusst gewesen. Er wohnt zur Untermiete bei einer Schweizer Familie.

ATMO „Ich mache Fruchtsalat“

Zusammenleben mit Schweizern: Mehr Integration geht fast gar nicht. Der Wohnkurs gab ihm dafür mehr Grundlagen.

O-TON Tekle Kifle, Flüchtling aus Eritrea: „Das ist sehr gut, weil: Ich kann auch immer mit der Familie schauen und gerade kann auch lernen auch aber auch helfen.“

Wohnen lernen und selbst im Haushalt helfen. Und Familie Hess kann immer ein wenig „nachjustieren“ bei kulturellen Unterschieden.

O-TON Susanne Hess: „Tekle hat Hähnchen gekocht und hat das zuerst alle Haut weggenommen und gewaschen ganz lange und wir haben darüber gesprochen und gesagt: Bei uns musst Du das Hähnchen nicht so lange waschen, weil es ist alles hygienisch verpackt und auf die Hygiene wird Wert gelegt.“

O-TON Tabea Hess: „Man merkt richtig, er will lernen. Es ist ihm wichtig, auch zu wissen, wie die Dinge hier in der Schweiz gemacht werden. Es ist ihm nicht egal. Ich denke, das ist auch eine sehr gute Vorrausetzung, damit die Integration und das Leben hier gelingen kann.“

Aber was ist, ATMO Bling“ wenn Flüchtlinge unter sich allein wohnen? Hier schickt die Heilsarmee immer wieder einen Zivildienstleistenden vorbei.

ATMO „Hallo Dimitri. Flüchtlingshilfe. Ich mache kurze eine Kontrolle.“

Achtung, Kontrolle! heißt es dann etwa für diese Wohngemeinschaft. Vier junge Eriträer: Ob die alle den Kalk im Griff haben? Den schon. Aber etwas anderes nicht. Kein Wunder: vier Männer, aber kein Fenster im Bad.

ATMO „David? Es hat ein bisschen Schimmel. Lüftest Du ab und zu auch ein bisschen?

O-TON Mengistab Dawit, Flüchtling aus Eritrea: „Wir haben einen Putzplan. Ja, alles ja.“

Der Putzplan funktioniert: Die Wohnung aufgeräumt, und das nicht nur wegen des Besuchs eines Kamerateams. Das Konzept der Wohnkurse hat sich unter Immobilienbesitzern im Kanton Bern herumgesprochen: Besichtigung einer alten Schmiede. Der Besitzer würde alles so renovieren, dass Flüchtlinge hier einziehen könnten. Es wäre die nächste Wohnung, die Remo Bisang vermittelt hat. Im Freundes- und Kollegenkreis wurde er bisher fündig. Viele wollten Flüchtlingen gern helfen. Die Wohnkurse räumten dann oft die letzten Bedenken aus.

O-TON Remo Bisang, Verwalter: „Man will ja auch sicherstellen, dass man die Wohnung nicht nach zwei, drei Jahren wieder frisch sanieren muss. Ja, leider, es geht immer wieder um das liebe gute Geld. Und ich glaube, das ist auch legitim, dass ein Vermieter das fordern kann, weil er erklärt sich auch bereit, ich bin bereit, Euch zu helfen, dass Ihr ein Dach über den Kopf kriegt. Und deshalb finde ich es auch notwendig, dass solche Wohnkurse angeboten werden.“

Wohnkurse für Flüchtlinge: Der Aufwand der Integrationsarbeit scheint sich zu lohnen. Vermieter haben ein besseres Gefühl und Flüchtlinge mehr Chancen auf eigene, ordentliche vier Wände.


Weltbilder: Wohnkurs für Flüchtlinge - welcher "Clash of the cultures" ist Ihnen bei Ihren Dreharbeiten besonders aufgefallen?

Eine Teilnehmerin aus Syrien freute sich, wie blitzblank – ganz nach Schweizer Art – sie ihre Küchen- und Badarmaturen schrubben würde. Sie nannte stolz den Namen des schweizerischen Reinigungsmittels, man könnte es eine Chemie-Keule nennen. Der Zuspruch der Kursleiterinnen war dementsprechend verhalten: Da stecke viel zu viel Chemie drin, das belaste die Umwelt, billiger Essig würde zum selben Ergebnis führen. Die Teilnehmerin schien darüber ein wenig verstört, dass sie mit ihrer Reinigungskultur nicht punkten konnte. So einen clash of the cultures würde aber sicher auch der eine oder andere Schweizer Teilnehmer erfahren.

Weltbilder: Wieviel "Freiwilligkeit" und wieviel "Zwang" haben Sie bei den Kursteilnehmern gespürt?

Die Teilnahme am Kurs ist zwar eine Voraussetzung, um von der Heilsarmee-Flüchtlingshilfe eine Wohnung vermietet zu bekommen. Trotzdem erlebte ich ein großes Interesse bei den Teilnehmern: Ständig fragten sie nach Details, tauschten sich untereinander über ihre Erfahrungen beim Strom-sparen oder Heizung-einstellen aus und gaben sich Tipps. Obwohl es eine große Herausforderung ist, über „Nachtschaltung“ oder „Kippschalter“ in einer fremden Sprache zu reden, war die Beteiligung am Unterricht top. Und ohne Lust an der Sache geht das nicht.

Weltbilder: Was zuerst etwas skurril klingt, stellt sich in Ihrem Beitrag schnell als gute Idee heraus. Inwieweit ist diese Idee nach Ihrer Einschätzung auf andere europäische Länder wie Deutschland übertragbar?

Natürlich ist für mich dieser Wohnkurs ein Musterbeispiel, wie Integration vorangebracht werden kann. Aber ich hatte auch den Eindruck, dass sich die Schweiz mit 35.000 Flüchtlingen im vergangenen Jahr im Gegensatz zu Deutschland mehr auf den einzelnen Flüchtling konzentrieren kann. Die Betreuung von Kanton und Stadt, aber auch den einzelnen Beteiligten wie Flüchtlingshilfe oder Kursleitern schien sehr individuell. Bei der Zahl von Flüchtlingen in Deutschland scheint mir das schwieriger. Aber in Deutschland werden viele Inhalte des Wohnkurses auch in den Deutsch- und Integrationskursen behandelt. Das ist wertvoll, denn alle Seiten – Flüchtlinge, Immobilienbesitzer, aber auch das Umfeld der Flüchtlinge wie ihre Nachbarn – profitieren davon.



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