Sendedatum: 19.10.2020 • Format, Länge: Rep 1:29 • Sender: ARD
In Tier hat vor dem Landgericht der Prozess gegen die Betreiber eines Rechenzentrums in einem ehemaligen Bundeswehrbunker begonnen. Fast fünf Jahre liefen die Ermittlungen, vor einem Jahr der Zugriff mit 600 Einsatzkräften, heute nun die Gerichtsverhandlung gegen die acht Angeklagten. Vorwurf: Beihilfe zu rund 250.000 Straftaten.
Im rheinland-pfälzischen Traben-Trarbach hatten sie hunderte Server in dieser ehemaligen Bunkeranlage der Bundeswehr vermietet. Darauf: Darknet-Markplätze für Waffen, Drogen, Mordaufträge, Kinderpornografie. Unter anderem. Haben Betreiber und Belegschaft von alledem gewusst? Ja, glaubt die Generalstaatsanwaltschaft.
O-TON Jörg Angerer, Generalstaatsanwaltschaft Koblenz: „Es ist arbeitsteilig vorgegangen worden: Es hat jeder seinen Aufgabenbereich gehabt. Herr X. war der Kopf, hat alle geschäftlichen Entscheidungen getroffen; ein anderer war Manager, der die Arbeitseinteilung der Mitarbeiter gemacht hat.“
Den Angeklagten seien nicht alle Inhalte ihrer Server bekannt gewesen, sagen die Verteidiger.
O-TON Uwe Hegner, Verteidiger des Hauptangeklagten: „Es ist bis heute noch nicht klar, was alles auf diesen Servern ist. Es gab also nicht nur kriminelle sondern auch nicht kriminelle Aktivitäten.“
Tatsächlich wissen Anbieter von Rechenzentren in der Regel nicht, wofür die Kundschaft die Technik nutzt. So verfolgten die Ermittler bislang stets nur die Händler und Käufer von Drogen- oder Waffen-Marktplätzen im Internet. Der Prozess deshalb: juristisches Neuland.
O-TON Christoph Kehlbach, ARD-Rechtsredaktion: „Haben sich die Angeklagten der Beihilfe zu diesen Haupttaten strafbar gemacht? Die Generalstaatsanwaltschaft sagt: ja. Denn die Tathandlung, die war das Bereitstellen und Zur-Verfügung-Stellen dieses Rechenzentrums“
Bis Ende nächsten Jahres sind Verhandlungstermine angesetzt – zum Cyberbunker von Traben-Trarbach.