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Sendedatum: 13.03.2012 • Format, Länge: Rep 2:15 • Sender: ARD

Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, heißt es im Grundgesetz. Doch das sei mit Flugverkehr über Wohngebieten grob verletzt, sagen Mediziner. Die gesetzlichen Grenzwerte für Fluglärm reichten nicht aus, die Belastung für Menschen rund um Flughäfen sei viel zu hoch. Vor allem in den Nachtstunden schädige der Lärm eindeutig die Gesundheit. Die Folge seien Depressionen oder Bluthochdruck. Das belegen auch die Untersuchungen, die zurzeit an der Universitätsmedizin im fluglärmleidenden Mainz laufen.

Sie schlagen sich die Nacht mit Fluglärm um die Ohren - für die Wissenschaft. 75 Freiwillige holen sich Boings und Airbusse ins Schlafzimmer. Tagsdarauf geht’s in die Mainzer Universitätsmedizin zur Auswertung. Das Ultraschallgerät verrät: Das Dröhnen der Turbinen hat Stress erzeugt, die Versuchsperson hat gelitten unter der lauten Nacht.

O-TON Sina Heider, Teilnehmerin der Studie "Fluglärm und Gefäßfunktion": "Man wird wach und denkt: 'Oh mein Gott, ist das laut!' Dann ist man auch erstmal wach und da es ja immer wieder kommt, ist an tief Schlafen kaum zu denken."

Die Studie wird zwar erst im Sommer fertig, erste Zahlen weisen aber schon jetzt daraufhin, dass Fluglärm zu Bluthochdruck führt – einem Wegbereiter von Herzinfarkt und Schlaganfall. Heimtückisch ist vor allem der nächtliche Fluglärm.

O-TON Prof. Thomas Münzel, Direktor der 2. Medizinischen Klinik an der Mainzer Universitätsmedizin: "Wenn Sie nachts überflogen werden, wird Ihr Nervensystem reagieren und zu Blutdrucksteigerungen führen - unabhängig davon, ob Sie wach werden oder nicht. Das heißt: Die, die morgens sagen: 'Ich habedurchgeschlafen und ich bin nicht von Fluglärm geweckt worden' - auch bei denen muss man damit rechnen, dass der Blutdruck immer wieder ansteigt, wenn man überflogen wird, und das ist sicherlich ein der Punkte, der auch zu Gefäßschäden führen kann.“

Dass in Mainz an Fluglärmfolgen geforscht wird, kommt nicht von ungefähr: Die Stadt ist vom Verkehr des Flughafens Frankfurt eingekesselt, dutzende Flugzeuge die Stunde. Bei Ostwind donnern die Maschinen direkt über die Häuser hinweg – auch über die Mainzer Universitätsmedizin. Ausgerechnet an dem Ort, wo Kranke genesen sollen und dafür Ruhe brauchen, liegt die Einflugschneise, wenn der Wind schlecht steht. Normal der Behandlung nachgehen ist da schwierig.

O-TON Dr. Amelie Biedenkopf, Oberärztin Universitätsmedizin Mainz: "Es ist schon so, dass wir an schlechten Tagen, wenn wirklich ein hohes Flugaufkommen hier vorhanden ist, dann kriegt man es in der Form mit, dass wenn die Fenster offen sind, das wir wirklich den Fluglärm sehr stark hören und wir beim Auskultieren des Patienten, also beim Abhören, einfach die Herzgeräusche nicht mehr ordentlich beurteilen können."

Die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wegen Fluglärms werde in den nächsten zehn Jahren 400 Millionen Euro kosten. Das schätzt das Umweltbundesamt allein für den Raum Frankfurt am Main. Es sei denn, das Bundesverwaltungsgericht bestätigt das Nachtflugverbot und beendet damit dauerhaft den Fluglärm in den Betten.