Textarchiv

Sendedatum: 27.07.2015 • Format, Länge: Rep 2:10 • Sender: ARD

Gern sehen sich die Brasilianer als sportliche Nation – gerade nach der WM und vor Olympia. Und jetzt das! Der erste Friedhof des Landes für Leichen bis zu 350 Kilogramm Gewicht hat in Rio de Janeiro eröffnet. Mehr als die Hälfte der Brasilianer ist übergewichtig. Ja, stimmt, da war doch was: Musste nicht der Weltfußballer Ronaldo sogar zu einer Abnehm-Reality-Show im brasilianischen Fernsehen? Dickes Ding!

Beton in der Konservendose erhärten lassen und los gehts. Sportlich und schlank - dieses Klischee erfüllen sie gern, die Cariocas, die Einwohner von Rio de Janeiro, vor allem ein Jahr vor Olympia in der eigenen Stadt! Doch jetzt das: Der erste Friedhof Brasiliens für extrem breite Brasilianer, für bis zu 350 Kilogramm schwere Menschen. Die letzte Ruhestätte, fast so groß wie ein Kleinwagen und doppelt so teuer.

O-TON Alberto Brenner Júnior, Friedhofsdirektor: „Nach Berichten über diese Gräber sind viele Familien gleich gekommen und haben sich informiert. Denn manche ihrer Verwandten passen einfach nicht mehr in traditionelle Grabstätten.“

Breite Brasilianer: Tatsächlich sind mittlerweile die Hälfte von ihnen übergewichtig. Durch den Wirtschaftsaufschwung der vergangenen Jahre gabs mehr Geld. Das reinvestierten viele in Hüftgold.
Statt einheimischem Gesundem lieber Burger. Oder frisch frittierte Teigtaschen!

VOXPOP „[gequält] Wenn wir Hunger bekommen, essen wir eben das, was da ist, ohne drüber nachzudenken. Teigtaschen zum Beispiel.“ - „[stolz] Wir machen beide Diät, haben schon 19 Kilo abgenommen. Aber heute machen wir mal Diät-Pause.“

Lebensmittelkonzerne befeuern den Kalorienkonsum, machten in Brasilien die vergangenen Jahren fette Gewinne mit Fabrikessen wie Tiefkühlkost. Ein Graus für Sonja Salles, die ihren Landsleuten mit Kochkursen leichte Küche wieder schmackhaft machen will.

O-TON Sonja Salles, Ernährungsberaterin und Kochbuchautorin: „Bei uns macht die eine Hälfte Sport, lebt gesund. Die andere Hälfte aber wird immer dicker. Wir sind ein Land der Extreme und müssen da erst noch die Balance finden.“

Alberto Brenner ist dick im Geschäft: Vier der ersten sechs Riesengräber hat er schon verkauft. Und weitere 1200 will er hier bauen lassen, in einer Art Mehrfamilienmausoleum. Denn ob dick oder dünn: Gestorben wird immer.