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Letzte Aktualisierung: 18.4.2024

• Hüft-OP: Quietschen, Krachen und Funken im eigenen Bein

Sendedatum: 07.10.2015 • Format, Länge: Rep 3:55 • Sender: ARD

Vor neun Jahren besuchten wir Hans-Dieter Andernach das erste Mal: Er hatte künstliche Hüftgelenke erhalten. Doch die Ärzte verwendeten nicht kompatible Einzelkomponenten. Bei einem Revisionseingriff sprangen die Funken. Der Arzt nutzte wohl ein unpassendes Messer. Jetzt geht es in den nächsten Schadenersatzprozess.

Mit beiden Beinen fest im Leben stehen: Hans-Dieter Andernach kann es nicht mehr. So sehr er auch mit Übungen mehrmals die Woche dagegen ankämpft. Seine Hüfte gibt ihm keinen sicheren Stand: nach acht Operationen mit fragwürdigem Ergebnis.

O-TON Hans-Dieter Andernach, Hüft-Patient: „Wenn ich diese Sache mache hier, dann habe ich anfangs immer so ein Angstgefühl gehabt, es könnte da was passieren. Aber die Angst hat man mir genommen. Aber letztlich ist der Schmerzdruck da.“

Sport, körperliche Fitness waren ihm immer wichtig. Mit seiner Sportgruppe lief er Marathon und trainierte fast wie ein Leistungssportler. Sein Gesicht hellt sich auf, wenn er über diese alten Zeiten redet.

O-TON Hans-Dieter Andernach, Hüft-Patient: „Wir sind in der Woche zwischen 50 bis 80 Kilometer gelaufen. Bei jedem Wetter. Sommer. Winter. Kein Thema, Regen oder was, waren wir unterwegs. Da bekam ich auch keine Erkältung. Das waren Fremdwörter. Bis eben die Schmerzen kamen. “

Die erste Hüft-Operation wird fällig. 2002. Die Ärzte setzen Prothesen wie diese ein. Deren Einzelteile stammen von unterschiedlichen Herstellern. Das war zwar billiger, aber nicht langzeiterprobt. Die Bauteile vertragen sich nicht. Irgendwann quietscht Hans-Dieter Andernachs Hüfte beim Gehen, so wie im Fall einer Leidensgenossin.

ATMO „Quietsch“

Hans-Dieter Andernach muss wieder auf den OP-Tisch. Doch auch die neue Prothese frisst sich fest wie eine alte Bremse. Irgendwann wird der Knochenkopf zerfetzt. Nächste Operation. So wie bei diesem anderen Fall müssen Einzelteile aus Hans-Dieter Andernach rausgeholt werden. Das alles passiert ihm, einem einzigen Patienten. Selbst sein Physiotherapeut schüttelt da nur den Kopf.

O-TON Nico Wolf, Physiotherapeut: „Das ist schon ein sehr besonderer Fall. So was habe ich auch vorher noch nocht erlebt gehabt. Acht Hüftwechsel und dann noch bei so einem fitten Kerl, der vom Sport geprägt ist und der von jetzt auf gleich in so ein Loch fällt. Das ist schwierig.“

2006 zieht Hans-Dieter Andernach mit Leidensgenossen vor Gericht. Sie nehmen einen Vergleich an, bleiben aber auf vielen Kosten sitzen. Und auf Schmerzen. Nächste OP. Dabei benutzt der Operateur ein Werkzeug, das – so steht es in einem Gutachten – die Prothesen beschädigt. Die Folge zeigt ein Röntgenbild: Der Knochen weit weg vom Becken, wo er eigentlich hingehört. Ein Arztfehler? Das soll jetzt das Gericht klären.

O-TON Hans-Dieter Andernach, Hüft-Patient: „Ich möchte, dass solche Dinge sich nicht wiederholen und das nicht noch jemand diesen Leidensweg durchlaufen muss, den ich durchlaufen habe. Darunter leidet das Familienleben und das Umfeld. Ich selbst habe mich dadurch sehr verändert, weil für mich gab es nur noch das Thema Hüfte und die Schmerzen und alle Folgen, die daraus erwachsen sind.“

Aber hatte er einfach nur Pech? Acht Operationen an einer Hüfte: Das sei außergewöhnlich, sagt Chefarzt Philipp Drees. Es zeige, dass manche Ärzte wenig Erfahrung sammeln können, weil sie zu wenig Hüften operieren. Zum anderen sehen sie sich immer wieder mit neuartigen Prothesen konfrontiert, für die es noch keine Erfahrungswerte gibt.

O-TON Univ.-Prof. Dr. Philipp Drees, Chefarzt Orthopädie Universitätsmedizin Mainz: „Irgendwann kommt dieser gewisse Druck, wo sie sagen, 'Ich muss aktuell bleiben', und manchmal opfern sie diese Aktualität eigentlich den langfristigen Ergebnissen.“

Das brachte ihm offensichtlich auch seine Krücken ein. Wenn es etwas gutes an seiner Geschichte gibt, dann vielleicht, dass andere Betroffene mit Hüft-Problemen aus ihr lernen können.

O-TON Hans-Dieter Andernach, Hüft-Patient: „Alle, die eine künstliche Hüfte benötigen, dass sie sehr kritisch beim Arzt hinterfragen, welches Material, wie lange schon auf dem Markt, welche Vor- und Nachteile bringt mir dies oder das, wenn es zur Auswahl steht, mit anderen Modellen. Das ist meines Erachtens mit das wichtigste.“

Und sich einen Ausgleich suchen: Hans-Dieter Andernach zieht die Kraft für Reha und den anstehenden Gerichtstermin aus seiner Plattensammlung. Mittanzen geht kaum noch. Aber als Acht-Hüft-Operationen-DJ darf man auch sitzen.



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