Textarchiv

Sendedatum: 23.12.2022 • Format, Länge: Rep 2:28 • Sender: ARD

Die Letzte Generation setzt viel auf Symbolik. Die neueste setzt auf das Mittel der Selbstanzeige bei Ermittlungsbehörden. Denn nachdem die Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen das Bündnis wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt, scheint es in den Augen der Aktivisten doch nur folgerichtig, den Ermittlungsbehörden Ermittlungshilfe zu leisten. Doch ob die Aktion mehr bringt als nur PR ist fraglich.

„Erdung ist, dass man sich auf seinen Körper konzentriert. Dann gibt es Ganzkörperatmung, den Bauch einzuatmen.“

Ein Protesttraining der Letzten Generation. Interessierte üben, wie sie sich gegenüber Polizei oder gar wütenden Bürgern verhalten.

„Steh uff! Warum bisch Du jetz hier. Ich muss auf die Arbeit.“

Hier soll jeder selbst zu spüren bekommen, ob er sich lieber als „kleines Päckchen“ von der Staatsgewalt wegtragen lässt oder doch eher, wie es hier heißt, als „Nasser Sack“.

Nach Straßen und Landebahnen haben sie ein neues Ziel: die Staatsanwaltschaft Neuruppin. Mit einer Textvorlage sollen sich Menschen zum Mitglied der Letzten Generation erklären und sich massenhaft selbstanzeigen.

Der Anlass: Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit vergangener Woche gegen die Letzte Generation. Der Verdacht unter anderem: Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Das sei derart absurd, sagt jener Protest-Trainer Micha Frey, dass er zum Telefon greift und sich bei einer Polizeidienststelle anzeigt.

ATMO "Ich rufe an wegen den Ermittlungen und würde mich selbst anzeigen" // "Es sind ja die einzigen, die sich gerade auflehnen gegen den Kurs der Regierung."

Je mehr Selbstanzeigen, desto mehr Ermittlungsstau in der Behörde, so die Taktik.

O-TON Micha Frey, Aktivist Letzte Generation: „Der Vorwurf einer kriminellen Vereinigung geht ja gerade davon aus, dass Menschen etwas Illegales tun und dabei nicht erwischt werden wollen. Wir sagen: 'Nein, wir tun das Richtige'. Deshalb stehen wir immer mit Gesicht und Name zu unseren Aktionen.“

Sei es, weil sie Straßen blockieren oder kritische Infrastruktur gefährden: Diese juristische Kernfrage, ob die Letzte Generation überhaupt rechtlich eine kriminelle Vereinigung ist, ist noch nicht entschieden.

O-TON Frank Bräutigam, ARD-Rechtsredaktion: „Das werden erst die Gerichte abschließend klären. Die Anzeigen führen dazu, dass die Staatsanwaltschaft nun bei mehr Personen als bislang prüfen muss, ob sie Mitglied dieser möglichen kriminellen Vereinigung sind. Je nach dem kann da ein Ermittlungsverfahren drohen, aber eben mit offenem Ausgang.“

Bis heute Nachmittag sind bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin 27 Selbstanzeigen eingegangen. Seine noch nicht mitgezählt.