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Gesetz zur Energieeffizienz

Viel heiße Luft

Rechenzentren brauchen viel Energie. Das Energieeffizienzgesetz soll sie zum Sparen oder Wiederverwerten anhalten. Doch mit weitgefassten Kriterien und Ausnahmen dürfte das Gesetz kaum greifen.

(20.10.2023) Warum Energie verschwenden, wenn sie sich sparen oder für etwas anderes nutzen lassen kann? Solche Vernunft zur Pflicht werden zu lassen, kann in der Politik selbst mit Ansage von ganz oben Jahre dauern. Das zeigt eindrucksvoll das Thema Energieeffizienz: Obwohl sogar die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU, während der deutschen Ratspräsidentschaft einst das Ziel formulierte, die Länder der Europäischen Union sollten mehr Energie sparen, berichtete das ARD-Politikmagazin Report Mainz schon vor gut zehn Jahren, wie der damalige FDP-Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler mit zweifelhafter Auslegung von Studien und Schönrechnen der Einsparvorgaben jenes Vernunft-Ansinnen im eigenen EU-Land torpedierte. Beispiel: Lkw-Maut oder Kfz-Steuer seien auch Maßnahmen, die zu mehr Energieeffizienz führten, hieß es damals aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Es folgte ein Gesetzfindungsprozess mit viel verpuffender Abwärme.

Dieses Jahr aber – und nachdem Deutschland beim Thema Energieeffizienz im europäischen Vergleich hinter Ländern wie Rumänien seinen Platz gefunden hat – verabschiedete der Bundestag Ende September das Energieeffizienzgesetz. Nun berät der Bundesrat, mit welchen Maßnahmen gemäß den Vorgaben einer EU-Richtlinie Energie besser genutzt und somit gespart werden soll.

Die Absicht: Zwei Prozent jedes Jahr, in Zahlen rund 550 Terawattstunden, sollen bis ins Jahr 2030 von öffentlicher oder unternehmerische Hand gespart werden – ganz gleich, ob an klimaneutraler oder fossiler Energie. So sollen der Energieverbrauch im Vergleich zu heute um mehr als ein Fünftel und in der Folge die Energieimportabhängigkeit Deutschlands sinken, forscher formuliert: der Energieverbrauch gedeckelt werden.

Wohlstand oder Wachstumskiller

Der Weg dahin ist umstritten: Der Präsident des Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) Clemens Fuest sieht in dem Gesetz einen „Wachstumskiller“. Die Wirtschaft könne nicht wachsen, weil sich dann die Energieeffizienz gleichzeitig verdreifachen müsste. Für die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) steigere das Gesetz den Wohlstand, weil damit die Kosten für die gesamte Volkswirtschaft, vor allem aber für die Wirtschaft gesenkt würden.

Das Gesetz verlangt von Bund, Ländern und energieintensivsten Unternehmen, Energie- oder Umweltmanagementsysteme einzuführen. Aber auch Unternehmen, die im Schnitt mehr als 2,5 Gigawattstunden im Jahr verbrauchen, müssen innerhalb von drei Jahren beispielsweise Pläne zu wirtschaftlichen Energieeffizienzmaßnahmen erstellen und veröffentlichen.

Öffentliche und unternehmerische Hand werden dabei nicht nur vom Gesetz gelenkt, sondern auch zur Zusammenarbeit angehalten: Potenzielle Wärmelieferanten und Fernwärmeunternehmen sollen in Kontakt kommen, sieht das Gesetz vor. Hierfür ist eine Plattform geplant: Wer bietet wo wie viel Abwärme, wer könnte sie nutzen?

Stromverbrauch höchster Kostenfaktor

Während sich die Politik über mehrere Bundesregierungen hinweg für ein enger Schnallen des Energiegürtels Zeit ließ, machen sich manche Unternehmen bereits auf den Weg zu mehr Energieeffizienz. Der Cloud- und Hosting- Anbieter Ionos mit Sitz im rheinland-pfälzischen Montabaur betreibt 31 Rechenzentren. Die brauchen Energie, eines so viel wie mehrere tausend Haushalte. Mehr als drei Prozent des deutschen Stromverbrauchs entstehen in Rechenzentren, in Zeiten von zunehmender Digitalisierung und immer mehr Anwendungen Künstlicher Intelligenz dürfte der Bedarf weiter steigen.

Der Vorstandsvorsitzende von Ionos, Achim Weiß, nennt den Stromverbrauch den höchsten Kostenfaktor beim Betrieb eines Rechenzentrums. „Deshalb haben wir immer darauf geachtet, mit eigenen Klimatisierungstechniken und weiteren Energiesparmaßnahmen wie hocheffizienten Netzteilen möglichst wenig Strom zu verbrauchen. Denn jedes Watt Strom, das wir weniger verbrauchen, ist gut für die Umwelt und spart uns und damit den Kunden Geld“, erklärt Weiß. Und: Energieeffizienz werde heute auch von Kunden, Analysten und Investoren erwartet. Daher hat das Unternehmen schon früh im Rahmen seiner „Klimastrategie 2030“ angekündigt, bei neuen Rechenzentren auch die Abwärme der Server und Klimageräte zu nutzen und in lokale Nah- oder Fernwärmenetze einzuspeisen.

Das setzt jedoch voraus, dass es einen Abnehmer gibt. Weiß befürwortet zwar, dass Betreiber von Rechenzentren ihre Abwärme weitergeben sollen. Aber: „Hierbei sind wir auf die Partnerschaft der Kommunen als Abnehmer der Fernwärme und die Bereitstellung der nötigen Leitungen und Infrastruktur angewiesen.“ Laut Gesetz verfällt der Zwang, wenn sich nach einem halben Jahr kein Abnehmer findet.

Eine Passage im Gesetzentwurf, die Rechenzentren deshalb nur in fünf Kilometer Nähe zu einem Wärmenetz zuließ, fiel wohl auch deshalb aus dem finalen Gesetzestext. „Andere Faktoren wie die der Infrastruktur, was passende Stromversorgung oder Glasfaseranschluss angeht, oder Sicherheit vor Hochwasser machen es ohnehin schon nicht einfach, einen geeigneten Standort für Rechenzentren zu finden“, erklärt Nick Kriegeskotte vom Branchenverband Bitkom. Andererseits: „Das Gesetz betrifft nur große Rechenzentren. In unternehmenseigenen Rechenzentren in Mittelstandsunternehmen wird es meist nicht die entscheidende Rolle spielen.“

Viele Erfolge derart könne die Arbeit von Branchenverbänden im Energieeffizienzgesetz verbuchen, urteilen Umweltverbände. Leonard Burtscher vom Verein „Umweltinstitut München“ etwa spricht deshalb von einem „weichgespülten Energieeffizienzgesetz“: „Lediglich die allergrößten Rechenzentren werden im Gesetz reguliert. Damit sind weniger als ein Prozent aller deutschen Rechenzentren zu Einsparmaßnahmen verpflichtet.“

Stattdessen hätte die Politik mit Energieeffizienz „einen schlafenden Riesen“ wecken können, sagt Leonard Burtscher, weil sich derzeit viel Energie und damit Geld regelrecht in Luft auflöse: „Es wird über jedes neue Windrad gestritten. Gleichzeitig könnte auf den Bau von tausenden verzichtet werden, wenn Deutschland Energie effizienter nutzen würde.“

„Viel Aufwand mit wenig Erfolg“ resümiert auch Claudia Kemfert und vermisst schärfere Vorgaben für mehr Rechenzentren. „Denn Abwärmenutzung ist in der Energiewende sehr zentral.“ Aber energieintensive Unternehmen hätten „hohe Ausnahmen erwirkt durch laute Lobby-Ansagen. Und das geht auch weiter so.“

Das Mitglied im Energieausschuss des Bundestags Michael Kruse, FDP, sagte bei der Lesung des Gesetzes im Bundestag: „Was aus Sicht der FDP überambitioniert war, das kam im Wesentlichen von den Grünen. Was pragmatisch, praxisnah und wirtschaftstauglich ist, das haben wir als FDP eingebracht.“ So schließt sich beim Energieeffizienzgesetz 2023 offenbar der Kreis zu den Bestrebungen jenes FDP-Bundeswirtschaftsministers vor zehn Jahren: Trotz Klimakrise und steigenden Energiekosten zwingen die Liberalen offenbar nicht gern zum effizienten Energie- und Geldsparen.

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Letzte Aktualisierung: 28.3.2024

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