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Nachhaltige Mobilität auf dem Land

Das Landlustauto

Ein Auto kostenlos fahren. Keine Anschaffungskosten, keine Kfz-Steuer und kein Angstschweiß auf der Stirn, weil von Tankstellenpreistafeln bisher ungewohnte Ziffernfolgen strahlen. Diese Traumwelt der Gratis-Mobilität ist im Hunsrück Wirklichkeit, dank des Projekts „E-Dorfauto“.

(09.11.2021) „Frauen und Autos verleiht man nicht“. Das sagten gerne Fahrlehrer in einer Zeit, als Fahrstunden noch im VW Käfer mit Brezelfenster absolviert wurden. Mittlerweile ist Car-Sharing hip – vor allem in Städten. Dass es auch im ländlichen Raum Zuspruch findet, daran arbeitet der Landkreis Rhein-Hunsrück.

Der lässt seit zwei Jahren jeweils ein Elektroauto jedes Jahr von einer Landkreisgemeinde in die nächste wandern. Die Bürger haben dann die Möglichkeit, für die Dauer dieses Autogastspiels das Car-Sharing in ihrem Ort auszuprobieren. Acht solcher „E-Dorfautos“ sind gleichzeitig im Einsatz, also kommen in einem Jahr auch acht Gemeinden oder Stadtteile mit zwischen 200 und 1.250 Einwohnern in den Genuss der kostenfreien E-Mobilität.

„Das Auto macht Lust“

Eine von ihnen ist Barbara Trost: „Das ist schon eine große Entlastung, für alle hier im Dorf. Letztens haben wir damit eine Waschmaschine transportiert oder Getränke für das Vereinsheim. Und um TÜV oder Inspektion muss man sich nicht kümmern. Trotzdem hat man immer ein Auto, was man nutzen kann“ Das Projekt möchte neben Car-Sharing auch Elektromobilität näherbringen. Bei Trost hat auch dieses Ansinnen verfangen: „Das Auto macht Lust auf E-Mobilität. Es macht Spaß, das Auto zu fahren und man hat dabei ein gutes Gewissen. Es ist jetzt auch ein Träumchen von uns, dass wir uns mal ein Elektroauto zulegen.“

So sammeln die Leihautomobilisten wie Trost kräftig Kilometer: Mehr als 330.000 davon haben die E-Dorfautos mittlerweile emissionsfrei hinter sich gelassen. Das sei weit mehr als das Doppelte dessen, was Car-Sharing-Betreiber üblicherweise erwarten, sagt Bernd Kunz von der Energieagentur Rheinland-Pfalz, die das Projekt begleitet. „Wir haben hier im Landkreis bei etwa 104.000 Einwohnern mehr als 70.000 zugelassene Pkw. Und das ist einfach sehr, sehr viel.“ Das Dorfauto soll helfen, diese Zahl zu verringern.

Es scheint zu klappen: Mehr als 750 Rhein-Hunsrücker sind registrierte Nutzer und buchten das Auto mehr als 3.300 mal. Statistisch sei so jeder Wagen mehr als einmal täglich gebucht. Registrierung und Nutzungsvertrag sind Voraussetzung, dann wird ein kleiner Chip auf den Führerschein geklebt, mit dem sich das Auto öffnen lässt. Vorher muss es gebucht werden über eine eigene Software im Internet.

Ehrenamtliche kümmern sich ums Auto

Leasing und Buchungssoftware kosten im Jahr bis zu 8.000 Euro für ein E-Gefährt. „Im Vergleich zur hohen Nutzung ist das ein überschaubarer Betrag“, sagt Kunz. Hinzukommen Installationskosten für Ladepunkte in den Standort-Gemeinden. „Bedingung des Projekts war auch, dass die Gemeinde den Strom für die Autos aus erneuerbaren Energien bezieht.“ Ohne Kosten hingegen gestaltet sich Einweisen der Kunden sowie Sauberhalten und Kontrolle der Fahrzeuge: Die so genannten Kümmerer, mindestens einer in jedem Dorf, arbeiten ehrenamtlich.

Warum sich in Städten Carsharing von allein etabliert hat und im ländlichen Raum die Kommune nachhelfen muss, erklärt Prof. Dr. Stefan Bratzel, Direktor Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach: „Privatwirtschaftliches Car-Sharing braucht eine Mindestanzahl an Nutzern. Die ist in großen Städten eher gegeben.“ Die Fixkosten für die Organisation oder Logisitik lohnten sich vor allem bei größeren Car-Sharing-Flotten. „Wenn jedoch ein ehrenamtlicher Kümmerer ein Teil der Organisation übernimmt, können sich auch kleine Flotten oder einzelne Fahrzeuge ‚rechnen‘“. Car-Sharing im ländlichen Raum werde unterschätzt: „Wenngleich dort die Pkw-Dichte pro Haushalt hoch ist, kann gut organisiertes Carsharing einen Beitrag zur nachhaltigeren Mobilität leisten.“

Nächster Schritt: digitales Trampen

Spannend am Projekt im Rhein-Hunsrück-Kreis sei, dass auch in den Dörfern die Einwohner für das Autoteilen und neue Technologien begeistert werden können. „Und zusätzlich fördern solche Dorfautos auch das soziale Zusammenleben. Da die Anonymität in Dörfern niedrig ist, sorgt das Gesetz des Wiedersehens auch für die sorgsame Behandlung der Fahrzeuge.“

Auf Wiedersehen-macht-Freude setzt sozusagen auch Verkehrswissenschaftler Prof. Dr. Heiner Monheim: „Ich glaube, dass digitales Trampen – also die Mitnahme – für den ländlichen Raum eine ganz relevante Zukunft hat.“ Dazu gehöre das Dorf- oder auch Bürgerauto. „Aber auch eine App, auf der registrierte Fahrer als Anbieter und registrierte Nicht-Autobesitzer oder Nicht-Auto-Nutzende mitgenommen werden können.“ Dazu könne internetbasiert eine App etabliert werden, in der polizeiliche Führungszeugnisse, Versicherungsregelungen oder Sicherheitsfragen hinterlegt sind.

„Und dann gibt es einfach die schnelle Möglichkeit, im Internet einen Fahrtwunsch anzumelden und kurz danach hält ein Auto und nimmt einen mit“, schwelgt Monheim in der Zukunft und führt sogleich jene Zeit an, als Fahrlehrer mahnten, Autos eben nicht zu verleihen: „Ich erinnere gerne in meinen Vorträgen daran, dass im ländlichen Raum bis in die späten fünfziger Jahre der durchschnittliche Besetzungsgrad von Pkw bei 3,6 war.“ Heute sitzen rein rechnerisch nur 1,4 Menschen in einem Auto. „Damals haben fast alle Menschen, die mit einem Auto unterwegs waren, andere Menschen mitgenommen.“ Das Auto war ein seltenes Gut. „Wir haben inzwischen eine extrem hohe Motorisierung und deswegen die typischen Klima-Probleme mit viel zu viel Autoverkehr auch im ländlichen Raum.“ So könne das Dorfauto auch gewissermaßen eine sinnvolle Gegenmaßnahme zu mehr Umgehungsstraßen werden.

Projekt lebt weiter

Ein Jahr sollen die acht Dorfautos noch von Dorf zu Dorf gereicht werden, dann ist die Projektzeit nach drei Jahren abgelaufen. Es gibt aber bereits ein Nachfolgeprojekt: „Hier wird die Nutzung für den Bürger nicht mehr kostenlos sein. Trotzdem wird aber eine Kostendeckung weiterhin nicht erreicht werden, weshalb der Landkreis auch weiterhin Zuschüsse zahlen wird“, erklärt Bernd Kunz von der Energieagentur Rheinland-Pfalz. So sollen bald 20 Dorfautos verliehen werden – bezuschusst durch öffentliche Gelder, aber günstiger als manche Buslinie.

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Letzte Aktualisierung: 28.3.2024

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