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Kritik zu „Krieg der Welten“

Vermessene Parallelen

(09.05.2000) "Auf alle Fälle sollten wir vorbereitet sein." So steht es in Herbert George Wells Roman "Der Krieg der Welten", nachdem "ungeheure, kalte und unheimliche Geister" aus einer fernen Galaxie bei dem Versuch, die Welt zu verändern, nur aufgrund ihres zu schwachen Immunsystems zu Grunde gehen. "Auf alle Fälle sollten wir vorbereitet sein" - dieser Botschaft erinnerten sich die Amerikaner in letzter Zeit nicht mehr. Die Cuba-Krise, Rüstungswettstreit mit der UdssR, der Golfkrieg waren zwar Bedrohungen, aber doch immer zu weit weg vom Kontinent Amerika, als dass sich Uncle Sam in irgendeiner Weise gezwungen sah, sich auf etwas „vorzubereiten.“ Am 11.September holte die Amerikaner die Wirklichkeit ein. Es waren keine Langstreckenraketen, die den Weg aus der arabischen Welt in die ferne Welt Amerika überwanden, sondern Passagierflugzeuge dreier Inlandsflüge. Und Wells Roman, der 1897 zuerst in Fortsetzungen publiziert, 1898, also vor 100 Jahren, erstmals in London in Buchform erschien, erlangte neue Aktualität. SWR 2 strahlte nun die deutsche Radioversion des WDR erneut aus. Dabei bindet die Produktion die bekannteste Adaptionen des Kriegs der Welten von 1938 mit ein. Die inzwischen berühmte CBS-Funkfassung unter der Regie des damals 23jährigen Orson Welles war wie ein Tatsachenbericht mit lnterviews und anderen "O-Tönen" aufgezogen und soll eine Massenhysterie verursacht haben.

Die Parallelen lassen sich leicht ziehen. Doch dabei kommt es zu einem Anachronismus: Die Einführung in das Hörspiel findet Anschluss an ein Buch, dass aus einer ganz anderen Zeit stammt - von dem viele, auch wenn sie der täuschend echten Inszenierung des us-Hörspiels erlagen, es im Nachhinein als zu utopisch abschmetterten um sich damit ausernanderzusetzen. Natürlich: Die Marsianer könnten mit den Islamisten gleichgesetzt werden. Sie beobachten unsere Kultur, unseren Fortschritt "mit neidischen Augen", ihre eigene "grauenvolle Häßlichkeit", mit Kopftuch, mit verhüllten Frauenkörpern erfüllt die Menschen westlicher Welt "mit Abscheu und Grauen". Die Zerstörungswut dieser ,Persianer’ ist "wahllos und allumfassend", zerstört zwei Wolkenkratzer ohne Rücksicht auf die 6 000 Menschen darin. In der westlichen Welt verbreitet sich "eine brüllende Woge der Angst", und eins ist klar: diese Ereignisse bedeuten den "Anfang vom Ende der Zivilisation", wie sie schon Nostradamus im nun beginnenden Krieg der Religionen vorrausgesagt haben soll. Das Schema der Bedrohung von Außern is leicht übertragbar auf alle möglichen anderen "Eindringlinge" ganz irdischer Art: Neger, Juden, Kommunisten, Ausländer, Asylanten. Und genau diese Übertragungsmechanismen gehören zur Rezeptionsgeschichte und zur Wiederverwendung dieser Story dazu. Diese Kontinuität erst hob den "Krieg der Welten" aus der literarischen Einmaligkeit heraus und machte ihn zum Mythos - dem Mythos der Bedrohung von außen, der sich nahtlos in diverse politische Strategien des 20. Jahrhunderts einpassen ließ.

Doch diese Parallelen sind vermessen. Natürlich sollte das Ziel dieser Verknüpfung von Wells Motiv und der 11.-September-Attacke angenommen werden, „auf alle Fälle vorbereitet zu sein.“ Doch man muss auch den Weg dahin betrachten: Es waren nur die Nationen, die nicht in der Situation Amerikas waren, die den Standpunkt eines neutralen Dritten hatten, die nicht durch wirtschaftliche Interessen im amerikanischen Boot saßen, die letztendlich den Angriff der Islamischen Welt verstanden, zumindest nachvollziehen konnten. Und diese Objektivität zeigt den Unterschied zu Wells Motiv am deutlichsten: Amerika sah sich zu weit weg von einer anderen Welt, als dass es hätte angegriffen werden können, aber gleichzeitig zu nah und mächtig, als dass es sich aus Bereichen in wirtschaftlicher Hinsicht hätte distanzieren wollen. Erfolgsdruck der Konjunktur machte Amerika zu einem unfairen Wirtschaftspartner, der Diktatoren wie Hussein, die Taliban oder afrikanische Regenten schmierte, das Volk aber betrog.

„Aus Fehlern lernt ma

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Letzte Aktualisierung: 28.3.2024

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